ChancenVielfalt Beratung
Unconscious Bias in Berufungsverfahren

Unconscious Bias in Berufungsverfahren

Gruppe Menschen lachend vor Schultafel. Gruppe Menschen lachend vor Schultafel. Gruppe Menschen lachend vor Schultafel. © Photo by Yan Krukau, pexels, 2025

Die LUH hat sich dazu verpflichtet, sich in Berufungsverfahren intensiv mit unbewussten Denkmustern bzw. Unconscious Biases auseinanderzusetzen. Dazu finden Sie auf dieser Seite alle relevanten Informationen.

Bitte beachten

Um in kurzer Zeit einen guten Überblick zum Thema zu schaffen, soll in den konstituierenden Sitzungen der Berufungskommissionen ein fester Tagesordnungspunkt eingeplant werden. Innerhalb von max. 30 Minuten werden wichtige Inhalte mittels Kurzfilm und Input erörtert. Wenn der Termin für eine konstituierende Sitzung feststeht, wenden Sie sich bitte unter berufung@chancenvielfalt.uni-hannover.de an das Hochschulbüro für ChancenVielfalt.

Was sind Unconscious Biases?

Es handelt sich hier um sogenannte kognitive Heuristiken, die auf Erfahrungen, kulturellen Denkmustern und gesellschaftlichen Annahmen basieren. Heuristiken sind mentale Strategien, erlernte Annahmen, Faustregeln oder Abkürzungen, die dabei helfen, mit begrenztem Wissen und begrenzter Zeit Urteile zu fällen. In Personalauswahlprozessen können diese jedoch zu kognitiven Verzerrungen und automatischen Stereotypen führen. Etwa 80 % der Personalentscheidungen sind davon beeinflusst.

Es ist daher wichtig, sich nachhaltig damit auseinanderzusetzen.

 

Implicit Association Test (IAT)

Der Implicit Association Test (IAT) gibt einen Überblick über Einstellungen und Überzeugungen, die Ihnen nicht zwingend bewusst sind. So glauben Sie vielleicht, dass Frauen und Männer gleichermaßen mit Wissenschaft assoziiert werden sollten, aber Ihre automatischen Assoziationen könnten zeigen, dass Sie Männer stärker mit der Wissenschaft assoziieren als Frauen. Es handelt sich bei dem Test um ein Hilfsmittel zur Selbstreflektion. Dieser kann ein erster Schritt sein, sich selbst ehrlich zu hinterfragen.

Wichtig zu verstehen ist, dass alle Menschen unbewusste Denkmuster in sich tragen und niemand frei davon ist. Seien Sie also nicht enttäuscht oder frustriert, wenn Ihnen der Test eigene unbewusste Denkmuster offenbart.

 

Informationsfilm: Professionelle Personalauswahl in Berufungskommissionen

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Wie mit den eigenen Unconscious Biases umgehen?

  • Mögliche Interventionspraktiken

    Es ist von großer Bedeutung, sich mit den eigenen unbewussten Denkmustern auseinanderzusetzen. Durch eine konsequente Reflexion können diese Entscheidungs- und Beurteilungsfehler identifiziert werden.

  • Zeitdruck, Ärger, Multitasking

    Einflussfaktoren wie Zeitdruck, Ärger, Multitasking und kognitive Belastungen spielen eine entscheidende Rolle und können unsere Entscheidungen erheblich beeinträchtigen. Daher ist es wichtig, diese Faktoren zu erkennen und zu verstehen, wie sie unsere Urteilsfähigkeit beeinflussen.

  • Strukturierte Herangehensweise

    Eine strukturierte Herangehensweise an Entscheidungsprozesse kann helfen, Klarheit zu schaffen und systematischer vorzugehen. Dies beinhaltet die Überlegung, wie emotionale Intuition oder das sogenannte „Bauchgefühl“ durch Evidenz abgesichert werden können. Indem wir uns dieser Aspekte bewusst werden, können wir die Qualität unserer Entscheidungen verbessern und gleichzeitig die Risiken von Fehlentscheidungen verringern.

    In der Kombination aus Intuition und rationaler Analyse liegt der Schlüssel zu einer ausgewogeneren und informierteren Entscheidungsfindung.

  • Nutzung standardisierter Verfahren

    Um fundierte und ausgewogene Entscheidungen zu treffen, können verschiedene Interventionspraktiken angewendet werden. Eine effektive Methode besteht in der Nutzung standardisierter Verfahren mit integrierten Reflexionsschleifen, die es ermöglichen, den Entscheidungsprozess kontinuierlich zu überdenken und anzupassen.

    Checklisten können hierbei hilfreich sein, um mögliche Verzerrungen zu identifizieren und zu vermeiden. Zudem ist es wichtig, klare und objektive Auswahlkriterien mit entsprechenden Bewertungsskalen festzulegen und Entscheidungen konsequent anhand dieser festgelegten Kriterien zu beurteilen.

  • Ursachenanalyse für Sympathie und Eignung

    Es ist ebenso sinnvoll, die ersten Eindrücke kritisch zu hinterfragen und eine Ursachenanalyse für Sympathie und Eignung durchzuführen, um unbewusste Denkmuster zu minimieren.

  • Kollektive Entscheidungen fördern Meinungsvielfalt

    Kollektive Entscheidungen fördern Meinungsvielfalt und ermöglichen es, unterschiedliche Perspektiven in den Entscheidungsprozess einzubringen. Dabei sollte auch darauf geachtet werden, dass Verzerrungen in der Gruppe offen angesprochen werden können.

  • Freiräume und Pausen

    Darüber hinaus sind Freiräume und Pausen für die Entscheidenden von Bedeutung, da sie die Möglichkeit bieten, sich zu erholen und den Kopf frei zu bekommen.

Welche Unconscious Biases gibt es?

Es gibt unzählige Unconscious Biases oder unbewusste Denkmuster. Wie geben Ihnen hier einige Beispiele.

  • Gender Bias

    Aufgrund von Geschlecht, werden Personen bestimmte Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen zugeschrieben und durch performative Wiederholungen werden diese naturalisiert.

    Männlichkeit und Weiblichkeit wird generalisiert und individuelle Eigenschaften werden ausgeblendet. Männern werden daher häufig agentische Eigenschaften wie „durchsetzungsstark“, „führungsstark“, „mutig“ und „entscheidungsfreudig“ zugeschrieben während Frauen eher kommunale Eigenschaften wie „mitfühlend“, „verständnisvoll“, „teamorientiert“ oder „freundlich“ zugeschrieben werden.

  • Attributionsfehler

    Hierbei handelt es sich um unterschiedliche Ursachenvermutungen bei gleicher Leistung für Männer und Frauen. Männer gelten als eher intrinsisch (innere Antriebe) und Frauen als eher extrinsisch motiviert. Dadurch kann es zu unterschiedlicher Bewertung kommen: Der Erfolg von Frauen wird auf Unterstützung durch andere zurückgeführt, der Erfolg von Männern wird auf eigene Kompetenzen zurückgeführt.

  • Bedrohung durch Stereotype

    Menschen erfüllen unterschiedliche Distinktionsmerkmale. Daraus entsteht die unbewusste Sorge, ein Stereotyp zu bestätigen oder aufgrund dessen beurteilt zu werden. Zum Beispiel schneiden Mädchen schlechter bei Mathematiktests ab, wenn vorher Stereotype angesprochen werden, die besagen, dass Mädchen schlechter in Mathe seien. Das kann aber auch dazu führen, dass Wissenschaftlerinnen sich nicht auf Positionen bewerben, wenn überwiegend agentische Formulierungen verwendet werden (siehe Gender Bias). Dies führt weiterhin dazu, dass Männer sich bereits auf Stellen bewerben, wenn sie 60 % der Anforderungen erfüllen, während Frauen dies erst bei über 90 % tun.

  • Performance Bias

    Die Leistungen von Frauen werden eher unterschätzt, die von Männern hingegen überschätzt. Das liegt daran, dass Frauen auf der Basis früherer Leistungen bewertet werden und ihre Fähigkeiten erst beweisen müssen, während Männer nach zukünftigem Potenzial bewertet werden. Ihre Fähigkeiten werden vorausgesetzt.

    In Berufungsverfahren basieren Fragen unbewusst häufig auf diesen stereotypen Zuschreibungen: Männern werden förderungsorientierte Fragen (Ziele, Aufstieg) gestellt, Frauen werden präventionsorientierte Fragen (Sicherheit, Verantwortung) gestellt. Im Ergebnis heben sich Männer daher positiv in Auswahlverfahren hervor.

  • Authority Bias

    Menschen tendieren dazu, die Meinungen von Vorgesetzten oder als sachverständig eingeschätzten Personen stärker zu gewichten. Es entsteht eine Beeinflussung durch vermeintliche Expert*innenmeinungen. Das kann dazu führen, dass Sitzungsteilnehmende übermäßig auf die Expert*innenmeinung hören und diese unreflektiert übernehmen.

  • Confirmation Bias

    Menschen tendieren dazu, bei der Informationssuche und –bewertung die bereits bestehenden Meinungen und Erwartungen zu bestätigen. Widersprechende Informationen werden oft unbewusst ausgeblendet und das Gesamtbild wird vernachlässigt. Die vorab entstandene positive Meinung eines*einer Kandidat*in, kann dazu führen, dass eine schlechte Vorbereitung beim Vortrag nicht wahrgenommen wird.

  • Gruppendenken

    Eine Gruppe tendiert möglicherweise dazu, Konflikte zu vermeiden und Konsens zu erreichen. So kann es zu einem Mangel an kritischer Bewertung und Prüfung von Ideen und kommen. Individuelle Sichtweisen gehen dabei verloren. Mögliche Auslöser sind Zeitdruck, Stress, Autorität innerhalb der Gruppe (siehe Authority Bias).

  • Weitere Biases

    Halo-Effekt, Horn-Effekt, Affinity Bias, Racial Bias, …